Erste Schritte
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Kaum zu glauben, aber ich bin nun schon zwei Wochen in Kanazawa. In den ersten Tagen ertappte ich mich ab und zu dabei, wie ich wahrscheinlich etwas dämlich anmutend durch die Gegend grinste, weil ich es noch nicht fassen konnte, endlich hier zu sein.
Der erste Weg jeden Morgen führt mich vom Haus meiner Gastfamilie zuerst zu Fuß, dann mit dem Regionalzug zum Bahnhof von Kanazawa. Der Bahnhof von Kanazawa ist wirklich traumhaft schön mit seinem gigantischen Holztor und der Glaskuppel auf dem Bahnhofsvorplatz. Das Holztor heißt Tsuzumi-mon und ist nach dem Vorbild japanischer Tsuzumi-Trommeln gestaltet. Ich versuche, nicht jeden Tag 20 Bilder davon zu machen. Das obige Beitragsbild ist exemplarisch eins davon.
Den gesamten Vormittag bin ich in der Sprachschule. Die Lehrer sind sehr freundlich und der Unterricht macht Spaß. Trotz der guten Bedingungen finde ich Japanisch ziemlich schwierig. Wie bei einer Wanderung muss ich mich ermahnen, nicht die ganze Wegstrecke zu betrachten, sondern immer einen Fuß vor den anderen zu setzen.
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Chirashi-Sushi mit Thunfisch, Avocado und Omelette
Mittags verpflegen wir uns in einem der vielen günstigen Restaurants der Umgebung. Wenn die Pause kürzer ausfällt, ist auch die Verpflegung im Konbini (kleiner Supermarkt, von "Convenience") mehr als annehmbar. Am Nachmittag veranstaltet die Sprachschule ein vielfältiges Kulturprogramm, welches in den nächsten Beiträgen die Hauptrolle spielen wird.
Abends nehme ich wieder den Regionalzug und gehe zum Haus der Gastfamilie zurück. Vorbei an einigen Reisfeldern und den hübsch gestalten japanischen Dächern, genieße ich die untergehende Sonne auf dem Rückweg.
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Heimweg im Sonnenuntergang
Mit dem Ruf "Tadaima" (Ich bin zu Hause!") verkünde ich meine Rückkehr und werde mit gekühltem Grüntee begrüßt. In der Gastfamilie komme ich wunderbar zurecht. Sprachlich ist es ein wilder Mix aus Japanisch und Englisch, zusammen mit reichlich Gestik und Mimik kommen wir meist zum Ziel. Manchmal mogeln wir auch mit Google Translate.
An viele Dinge habe ich mich schon gut gewöhnt. So weiß ich inzwischen das abendliche Bad sehr zu schätzen. Das funktioniert etwas anders als in Europa: Abends stellt meine Gastmutter irgendwann die Badautomatik an. Dann füllt sich die Wanne selbstständig mit Wasser und hält die eingestellte Temperatur konstant. Man duscht sich zuerst und steigt dann sauber in die Wanne zur Entspannung. Das Wasser lässt man für den nächsten drin. Ich habe als Gast zum Glück die Ehre, als erstes reinzugehen. Das Bad ist sehr angenehm, japanisch perfekt temperiert. Ich habe immer ein Auge auf die Uhr, damit ich nicht den ganzen Laden aufhalte.
Was ich noch etwas ungewohnt finde ist das Frühstück. Es besteht in der Regel aus Misosuppe, Salat, Tofu und wechselnden Add-ons. Gleich am ersten Morgen stutze ich etwas, als ich in der Misosuppe beim Stochern mit den Stäbchen Muscheln finde. Die schmecken zwar überraschend gut, aber irgendwie nicht um diese Zeit. Fisch spielt generell eine große Rolle in der japanischen Küche und kommt meistens in irgendeiner Form vor, auch beim Frühstück. Meine Gastmutter ist eine sehr gute Köchin, so dass das kein großes Problem ist.
Dank Eakon (= Klimaanlage, "air conditioning") kann ich trotz der anhaltenden Hitze gut schlafen. Neugierig starte ich in den neuen Tag in dieser fremden und doch manchmal seltsam vertrauten Welt.